Wartburg



Wartburg

Die Wartburg ist mehr als eine deutsche Burg, sie ist seit vielen Jahrhunderten schon zum nationalen Mythos geworden. Wie kein anderes Bauwerk ranken sich um die oberhalb von Eisenach im Thüringer Wald gelegene Wartburg Legenden und Geschichten großer historischer Begebenheiten. Auf dieser Burg lebte die heilige Elisabeth, hier stritten sich die besten Minnesänger des Mittelalters um Ruhm und Ehre, Martin Luther übersetzte in der berühmten Lutherstube das Neue Testament und freiheitlich denkende Burschenschaften trafen sich auf dieser Burg zur ersten nationalen Willensbekundung.

Schon um die Gründung der Burg gibt es einige Legenden, von denen der Ausspruch Ludwigs des Springers im Jahr 1067 die beliebteste ist: „Wart’ Berg, du sollst mir eine Burg werden!“, sprachs und ließ die Wartburg erbauen. Was zuerst eine schlichte Festung war, wandelte sich im Laufe der Zeit zu einer trutzigen Burganlage, die mit ihren vielen Nebengebäuden, Türmen und Mauern eine harmonische bauliche Einheit bildet. Zu den historischen Bauten gehören das Torhaus, das Ritterhaus und die Vogtei. In der Vogtei kann man heute noch in Luthers Stube hineinspähen, in der der Reformator als „Junker Jörg“ lebte und mit seiner berühmten Bibelübersetzung auch dem einfachen Volk die Lektüre der Heiligen Schrift ermöglichte.

Der Palas, also die eigentliche Burg, kann nur im Rahmen einer knapp eine Stunde dauernden Führung besichtigt werden, während der gesamte Wartburgkomplex täglich und individuell zu erkunden ist. Im Palas wird man durch den Speisesaal und die Elisabethkemenate geführt, wobei letztere ein Musterbeispiel des Mittelaltergeschmacks von vor hundert Jahren darstellt. Sehenswert ist das prächtige Mosaik, das aus einer Million bunten Glassteinen, Blattgold und Perlmutt Anfang des 20. Jahrhunderts geschaffen wurde.

In der Elisabethgalerie kann anhand des Gemäldezyklus von Moritz von Schwind das Leben und Wirken der zur Heiligen erhobenen Landgräfin nachvollzogen werden. Durch den Sängersaal, die Burgkapelle und das Landgrafenzimmer gelangt man schließlich in den großzügigen und prunkvoll ausgestatteten Festsaal, der schon Bayernkönig Ludwig II. derart faszinierte, dass er für sein Märchenschloss Neuschwanstein eine kleinere Kopie davon anfertigen ließ. Der Festsaal ist auch seiner hervorragenden Akustik wegen bekannt und wird für viele kulturelle Veranstaltungen und Konzerte genutzt. Der Rundgang führt in das Museum der Burg, das über 8000 Exponate aus den Bereichen Kunsthandwerk, Malerei, Möbel, Plastiken und Graphiken enthält. Das Gebetbuch Elisabeths und eine aus dem 13. Jahrhundert stammende Handschrift sind die kostbarsten Stücke dieser Sammlung.

Über das Eseltreiberstübchen, einem Erkerraum, in dem sich die Eselstreiber ausruhen konnten, geht es durch das Studierstübchen in die Lutherstube. Wer dort Spektakuläres erwartet, wird rasch von seinen romantischen Vorstellungen befreit. Karges Mobiliar, Holzwände und eine Holzdecke sowie der berühmte Tintenfleck, der angeblich 1894 zum letzten Mal nachgefärbt worden sein soll, machen die Behausung Martin Luthers aus. Vom einstigen Arbeitstisch Luthers ist auch nichts mehr übrig, da Besucher ihn Span für Span abgetragen und mitgenommen haben – ebenso wie der Putz neben dem Kachelofen, wo sich der Tintenfleck befand.

Die Wartburg ist nicht nur ein mächtiges Bauwerk, das den damaligen Herrschern als Residenz diente, sie ist auch ein gelungenes mittelalterliches Bauensemble aus Romanik, Gotik, Renaissance und Historismus, bei dessen Erkundung man sich durch 900 Jahre deutsche Geschichte bewegt.





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