Klosterinsel Reichenau
Klosterinsel Reichenau
Die Insel Reichenau liegt etwa 19 km von Radolfzell entfernt und ist mit ihren 4,3 km² die größte Bodenseeinsel. Obwohl die Reichenau seit 1838 durch einen Damm mit dem Festland verbunden ist, trennt der hier recht überschaubare Untersee die ruhige Klosterinsel vom hektischen Treiben der übrigen Welt.
Was heute wie ein erholsames Idyll abseits der lauten Städte erscheint, war zur Zeit der Klostergründung eine menschenleere Öde, die durch die Weite des Sees zu Einkehr, Gebet und Arbeit einlud. Die Insel Reichenau ist vor allem wegen ihres bedeutenden Klosters bekannt und gehört seit dem Jahr 2000 als Kulturlandschaft mit ihren Kirchen, den Gemüse-, Obst- und Weingärten zum Weltkulturerbe der UNESCO.
Die Anfahrt über den von hohen Pappeln gesäumten Fahrdamm führt entlang des Schilfgürtels des Wollmatinger Rieds, das mit seinen 757 Hektar das größte Naturschutzgebiet am Bodensee ist. Das hohe und dichte Schilf mit seinen flachen Buchten bietet vielen heimischen Vogelarten optimale Lebensbedingungen und beherbergt im Frühjahr und Herbst Zehntausende von durchziehenden Wasservögeln. Das Ried dient Graureihern, Singschwänen und vielen Enten- und Taucherarten als nahrungsreiches Winterquartier und selbst selten gewordene Vögel wie Wasserrallen, Bekassinen und Drosselrohrsänger ziehen im undurchdringlichen Ried ihre Brut auf.
Gleich hinter diesem einmaligen Biotop gelangt man zur Oberzeller Georgskirche, eine im 9. Jahrhundert erbaute dreischiffige Basilika mit ihrem eingedrückten Vierungsturm. Die Kirche ist besonders wegen ihrer einzigartigen Wandmalerei der Langhauswände aus ottonischer Zeit berühmt, die diesseits der Alpen einmalig sein dürfte. Die Wandbilder enthalten biblische Motive und Szenen aus dem klösterlichen Leben. Diese Wandmalereien sind eng mit der Reichenauer Buchmalerei verbunden, die ihren Höhepunkt ebenfalls um das Jahr 1000 erreichte. Die Werke sind allerdings nur in Museen und Bibliotheken zu sehen und können von begeisterten Sammlern in Form von sehr teuren Faksimile-Ausgaben erworben werden.
Mittenzell am Ufer des Gnadensees wird von dem beeindruckenden Münster St. Maria dominiert, das auf eine etwa 800 Jahre währende Baugeschichte mit vielen Erweiterungen und Umbauten zurückblicken kann. Die Kirche enthält neben vielen Sehenswürdigkeiten vor allem eine um 1350 entstandene Pieta und das kunstvolle romanische „Oberzeller Kreuz“ in der Schatzkammer.
In Niederzell gelangt man zum dritten Gotteshaus auf der Insel, der 799 errichteten Stiftskirche St. Peter und Paul. Die Kirche gehört mit ihren großartigen Fresken aus dem beginnenden 12. Jahrhundert zu den bedeutendsten Werken frühromanischer Kunst in Deutschland. Auch diese ursprünglich streng romanisch erbaute dreischiffige Säulenbasilika wurde im Laufe der Zeit im Barockstil umgestaltet. Erst 1900 entdeckte man bei Restaurierungsarbeiten an der Ostapsis ein großes Wandbild der Reichenauer Malerei aus der Zeit um 1104.
Auf der äußersten Spitze der Insel Reichenau steht das im 14./15. Jahrhundert errichtete Schloss Windeck, das auch „Bürgle“ genannt wird. Wer durch den Anblick von Treibhäusern und großen Gemüsefeldern inmitten der klösterlichen Umgebung irritiert ist, mag daran denken, dass der Gemüseanbau bereits seit Klostergründung von den Mönchen betrieben wurde und sogar manches wichtige botanische Werk hier entstanden ist.
