Rotes Rathaus und Nikolaiviertel in Berlin
Rotes Rathaus und Nikolaiviertel
Die aus vielen kleinen Gemeinden im Laufe der Zeit zusammengewürfelte Metropole Berlin hat dementsprechend viele Rathäuser, die für die einzelnen Stadtbezirke zuständig sind. Doch das beeindruckendste und zweifellos auch bekannteste ist das sogenannte Rote Rathaus, das seitdem es wieder Sitz des Senates ist, offiziell Berliner Rathaus heißt.
Der von Hermann Friedrich Waesemann von 1861 bis 1869 im Stil der Neorenaissance errichtete Bau machte damals schon wegen seines 74 Meter hohen Turms von sich reden. Bei der Grundsteinlegung war König Wilhelm I. höchstselbst zugegen und die erste Magistratssitzung fand bereits ein Jahr vor der offiziellen Fertigstellung des Gebäudes statt. Spötter führen den Namen des Rathauses gern auf die darin herrschende politische Gesinnung zurück, doch verdankt das Rote Rathaus seine Bezeichnung ausschließlich den mit roten Ziegeln verkleideten Fronten.
Rund um das gesamte Gebäude zieht sich auf der Höhe des ersten Stockwerks ein aus 36 Terrakottareliefs bestehender Fries; auf der sogenannten „Steinernen Chronik“ sind Szenen aus der Geschichte der Stadt dargestellt. Das nach seiner kriegsbedingten Zerstörung bis 1955 wieder aufgebaute Rathaus diente bis zur Wende als Sitz für den Oberbürgermeister und die Stadtverordnetenversammlung Ost-Berlins, bis die Regierung für ganz Berlin – als Senat – mit dem Regierenden Bürgermeister am 1. Oktober 1991 wieder ins Rote Rathaus zurückkehrte.
Vor dem Rathausgebäude stehen die 1958 von Fritz Cremer errichteten Figuren „Trümmerfrau“ und „Aufbauhelfer“ sowie der 1891 von Reinhold Begas geschaffene „Neptunbrunnen“, der seinen ursprünglichen Standort zwischen dem Stadtschloss und dem Marstall hatte. Doch was wäre das berühmte Rathaus ohne das Alt-Berliner Nikolaiviertel, das sich aus einer gelungenen Mischung aus echter Geschichte und liebevoll gepflegter Nostalgie zusammensetzt.
Dabei besteht dieses Viertel bei näherem Hinschauen nicht nur aus einigen originalen und umso mehr nachgeahmten älteren Bauwerken, sondern auch aus den für das Stadtbild so typischen und hier historisierten Plattenbauten. Tatsächlich kann das Nikolaiviertel als eine der ältesten Keimzellen bezeichnet werden, aus denen die Stadt Berlin schließlich hervorgegangen ist. Insgesamt über 800 Wohnungen, eine Vielzahl an Gastronomie und Geschäften zeichnen das bewusst kleinteilig gestaltete und verkehrsberuhigte Viertel aus, das pünktlich zur 750-Jahr-Feier Berlins im Jahr 1987 zu einer „Alt-Berliner-Milieu-Insel“ gestaltet wurde.
Sehenswert ist die Nikolaikirche, die zudem die älteste Kirche der Stadt ist, und nach dem Schutzheiligen für Schiffer und Händler benannt wurde. Das im Zweiten Weltkrieg schwer beschädigte Gebäude wurde in seiner ursprünglichen Erscheinung wieder aufgebaut und wird heute als Museum genutzt. Der „prominenteste“ Pfarrer der Nikolaikirche war Paul Gerhardt, der sich als Verfasser zahlreicher lutherischer Kirchenlieder ein bleibendes Andenken geschaffen hat.
An der Fassade der Fontane-Apotheke befindet sich zwar ein Relief des berühmten Apothekers und Schriftstellers, doch hat Fontane hier weder gearbeitet, noch existierte jemals eine Apotheke an dieser Stelle. Dafür war der als „Milieuzeichner“ bekannte Heinrich Zille häufiger Gast in der durch ihn populär gewordenen Kneipe „Zum Nussbaum“, die ursprünglich woanders stand, was ihrer heutigen Gemütlichkeit und deftigen Kost jedoch keinerlei Abbruch tut. Die „schönste Ecke Berlins“ findet man am Ephraim-Palais zwischen Poststraße und Mühlendamm, einem im Rokoko-Stil erbauten Bürgerpalais mit gerundeter Eckfassade und prächtigen Balkonen.
Ebenfalls sehenswert sind der aus dem Mittelalter stammende Molkenmarkt sowie die Jüdenstraße mit dem Alten Stadthaus.
